Gestalten statt Panik
Corona hinterlässt Spuren in der Backwarenbranche. Die Nachfrage nach Brot und Backwaren steigt, die leeren Brotregale, die seit Tagen durch die Medien geistern, sind echt. Ein Teil davon ist den grassierenden Hamsterkäufen zuzuschreiben. Psychologen erklären dieses Phänomen übrigens mit dem nicht unbedingt rationalen Versuch, dadurch wenigstens etwas Gestaltungshoheit zu behalten, wenn man nicht mehr uneingeschränkt über seine Aktivitäten entscheiden kann. Ein vermutlich größerer Teil der Absatzsteigerungen aber ist den vermehrten Mahlzeiten zuhause zu verdanken. Aus den Niederlanden werden Steigerungen der Absatzmenge von 25 bis 30 % gemeldet. Auch Krankenhäuser melden deutlichen Mehrbedarf. Der Nachfrage gerecht zu werden, braucht Rohstoffe, Menschen und Maschinen in der Produktion.
Auf der anderen Seite bricht für Bäcker ein Teil des Gastronomiegeschäftes weg, weil weniger Menschen unterwegs sind. Aber sie sind „nur“ nicht unterwegs, wollen aber ver- und in solchen Zeiten auch umsorgt sein. Das ist die Zeit derer, die sich zu Recht Unternehmer nennen, weil sie gestalten und sich nicht verkriechen. Die Stunde derjenigen, die sich und ihren Betrieb auf die Veränderung einstellen, selber oder über Netzwerke wie Lieferando & Co Lieferservices für Haushalte und Arbeitsplätze anbieten, auf digitale oder telefonische Vorbestellung vorverpackte Waren in einem vom Kunden (!) vordefinierten Zeitfenster zur Abholung bereitlegen und den Bezahlvorgang per Bankeinzug, Kreditkarte etc. erledigen. Stichwort: Abholen ohne Schlange zu stehen.
Gestalten heißt aber auch das Angebot variieren. Wie wäre es denn mit einem Abendbrotpaket für Käsefreunde inklusive Nüsse und Weintrauben oder einer Kuchenlieferung, die man Freunden in Quarantäne liefern lassen kann. Ein Angebot für Familien mit speziellen Gebäcken für Kinder, samt Bastelmaterial, mit dem man aus einem kleinen Brötchen im Handumdrehen ein Huhn oder eine Maus zaubert, zeigt Mitdenken.
Es gibt unendlich viele Ideen, wie man seinen Kunden das Leben angenehmer und leichter machen kann und glauben Sie mir, die werden es nicht vergessen, wenn Corona wieder abflaut. Corona wird Lebens-, Einkaufs- und Konsumgewohnheiten nachhaltig verändern.
Wer nur Panik schiebt, alles runterfährt und sich den Mitarbeiter gegenüber wenig großzügig zeigt, verliert das wichtigste Kapital für die Zukunft, seinen guten Ruf und damit Kunden, Mitarbeiter und Freunde.
Ich wünsche Ihnen Gesundheit, gute Nerven und noch bessere Ideen.
Ihre
Hildegard M. Keil
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Zentralverband: Alles Wichtige zum Coronavirus
Der Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks stellt auf seiner Homepage unter https://www.baeckerhandwerk.de/corona/ alle vorhandenen Informationen, Fragen, Antworten, Merkblätter und Empfehlungen zum Umgang mit der Corona-Krise zur Verfügung. Die Informationen werden regelmäßig aktualisiert.
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Ist eine Übertragung über Lebensmittel möglich?
Kann das Coronavirus über Lebensmittel und Gegenstände übertragen werden? Das BfR (Bundesinstitut für Risikobewertung) hat Fragen und Antworten dazu online gestellt.
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Viele Kunden bevorraten sich mit Brot
Das stellt u.a. Bäckermeister Lothar Schäfer, Chef der Pankratius-Bäckerei in Budenheim, fest, dessen Geschäft vergangenen Samstagmorgen um 10:30 Uhr ausverkauft war. (Quelle: swr.de)
Hamsterkäufe seien beim Bäcker spürbar, berichtet auch die Bäckerei Diepenbrock (Everswinkel). Auf ihrer Website ruft sie zu Besonnenheit beim Einkaufsverhalten auf. „Ein Versorgungsengpass unserer Lieferanten ist nicht absehbar, sodass wir in der Produktion von Backwaren nicht eingeschränkt sind, wenn man von den Avocados aus Neuseeland absieht.“ Das Unternehmen kündigte außerdem an, die Produktion auf Teams umzustellen (siehe unten). Das Sortiment werde sich dadurch spürbar verändern, aber die Öffnungszeiten blieben vorerst normal.
Sonderschichten: Bei der Wiener Bäckerei Der Mann waren die Brotregale vergangenen Freitag in vielen Filialen leer gekauft. Am selben Tag wurde noch eine Back-Sonderschicht eingeschoben, genauso am Samstag, wie heute.at berichtet. Mittlerweile hat das Unternehmen rund 17 Filialen zugesperrt (Stand: Donnerstag, 19. März), einige Filialen haben kürzere Öffnungszeiten und schließen teils um 15 oder 13 Uhr. Eine Filialübersicht mit allen Öffnungszeiten hat das Unternehmen auf seiner Website online gestellt. Vorbestellungen werden derzeit nicht entgegen genommen.
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Notfallpläne: Mitarbeiter arbeiten in Teams
Die Produktion muss laufen. Einige Unternehmen sind dazu übergegangen, Mitarbeiter in Teams aufzuteilen, die autark und absolut getrennt voneinander agieren. Tritt in einer Gruppe ein Corona-Verdachtsfall auf, bleibt zumindest das zweite Team davon unberührt. Nach einem solchen Notfallplan arbeitet u.a. die Bäckerei Diepenbrock aus Everswinkel. Auch der FeinBäcker Brante aus Bad Oeynhausen geht so vor. Der komplette Mitarbeiterstamm, angefangen von den Bäckern und Konditoren, den Mitarbeitern in den Filialen, den Reinigungskräften und Fahrern, wurde in zwei Teams eingeteilt. Sie arbeiten in 14-tägigem Wechsel, so der Firmenchef Andreas Brante gegenüber der Neuen Westfälischen. Angesichts der dynamischen Situation könne zwar niemand voraussehen, ob und wie viele Mitglieder der Teams aufgrund von Kinderbetreuung, Krankheit oder Quarantäne-Anordnungen nicht zur Verfügung stehen, aber man wolle gewappnet sein. Um produktions- und lieferfähig zu bleiben, hat das Unternehmen zudem das Sortiment gekürzt und einige Filialen sowie das Stammgeschäft geschlossen.
In einem ähnlichen Notfallmodus arbeitet die Bäckerei Lamm in Bielefeld. Auch hier sind die Mitarbeiter in Teams aufgeteilt, die sich bis auf weiteres im Betrieb, aber auch im privaten Umfeld nicht begegnen sollen. Gleiches gilt für die Firmenleitung. Bäckereichef Karsten Lamm arbeitet am Tag, sein Sohn Marc-Philip in der Nachtschicht. Ob das „Trenn-Konzept“ auf die Verkaufsteams in den Filialen ausgedehnt wird, sei in der Überlegung. Beide Gruppen produzieren, wie Lamm dem Westfalen-Blatt mitteilt, das übliche Sortiment. Im Falle einer tatsächlichen Corona-Infektion müsste das natürlich auf eine Notbestückung umgestellt werden.
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Bitte Abstand halten
Klebestreifen am Boden: Um es den Kunden leichter zu machen, die Abstandsregel einzuhalten, greift man bei der Bäckerei Wilhalm, Harsewinkel, zum Klebeband. Schwarz-gelbe Klebestreifen am Boden zeigen dem Kunden, wie nahe er seinem Nächsten kommen darf. „Zwei Meter kann man mit dem Zollstock exakt abmessen; die Entfernung abzuschätzen fällt vielen sicher schwer“, so Mit-Geschäftsführer Tim Strotjohann gegenüber Radio Gütersloh.
Komplett kontaktlos läuft der Verkauf bei der Konditorei Komander, Grammentin. Das Unternehmen hat in die geschlossene Ladentür eine Art Corona-Klappe eingebaut. Torten und Kuchen werden ohne persönlichen Kontakt hindurchgereicht. (Quelle: Nordkurier)
Wer einen hat, verweist auf den Autoschalter, andere wie die Duisburger Bäckerei Wilms bieten kostenlose Lieferservices an.
Mehrweg? Eingestellt. Keine mitgebrachten Kaffeebecher, keine Brotbeutel mehr. Kunden werden gebeten, bargeldlos, im besten Fall, auch kontaktlos per Girocard zu bezahlen.
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Domino`s Pizza: Wenn der Kunde klingelt
Domino`s hat vor seinen Stores Abholzonen für Selbstabholer eingerichtet. Die kontaktlose Abholung läuft so ab: Der Kunde bestellt und bezahlt online. Die Abholzone (z.B. ein kleiner Tisch) befindet sich beim Eingang des Stores. Hat der Kunde den Store erreicht hat, klingelt er oder ruft kurz an. Dann nimmt er mindestens zwei Meter Abstand von der Abholzone und wartet, bis ein Storemitarbeiter die Bestellung herausbringt und dort platziert. Hat der Storemitarbeiter sich wieder entfernt, kann der Kunde seine Bestellung entgegennehmen. Anschließend desinfiziert der Mitarbeiter Abholzone und Klingel. Auch Lieferungen werden ab jetzt ausschließlich kontaktlos durchgeführt.
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Stark gefragt: Brotmischungen
Wie die Lebensmittel Zeitung (LZ) berichtet, zeigen die Abverkaufszahlen im LEH auch in der 10. Kalenderwoche (2.-8. März), überdeutlich die Auswirkungen von Hamsterkäufen. Am stärksten nachgefragt waren wie zu erwarten Desinfektionsprodukte. Gleich dahinter rangieren Brotmischungen, die in der 10. Kalenderwoche ein Nachfrageplus von rund 176 % gegenüber dem Vergleichswert des Vorjahres verzeichneten. In der 9. Kalenderwoche lag das Plus sogar bei 392 %.
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Keine Internorga 2020
Die Hamburg Messe und Congress GmbH hat auch den angekündigten Ausweichtermin im Juni für die Internorga 2020 abgesagt. „Die zunehmende Verbreitung des neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 und die nicht seriös zu kalkulierende Entwicklung bieten unseren Ausstellern, Besuchern und uns keine Grundlage für eine verlässliche Planung“, so Bernd Aufderheide, Vorsitzender der Geschäftsführung. Die nächste Internorga ist vom 12. bis 16. März 2021 geplant.
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Es geht online weiter: Workshops im Livestream
Das Wiener Brotbackatelier Kruste & Krume hat vorerst bis Ende März alle Brotbackworkshops abgesagt. Aber es geht online weiter. Auf Facebook richtete Kruste & Krume einen Livestream ein (nächster Termin: Freitag, 20. März, 18 Uhr). Die Videos werden anschließend auch auf YouTube hochgeladen. Zur Facebook-Seite von Kruste&Krume geht es hier lang: https://de-de.facebook.com/krusteundkrume/
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Statt Messe: WP`s Internorga at home
Auch wenn man sich zurzeit nicht persönlich treffen kann, es gibt viele andere Wege, Neuheiten oder Mitteilungen an den Mann und die Frau zu bringen. Online zum Beispiel. Die WP Bakerygroup nutzt diese Möglichkeiten und bringt das, was Sie an Inspirationen auf dem Internorga-Messestand hätten mitnehmen können, digital ins Haus. Hier geht`s zu den Infos: https://www.wpbakerygroup.org/wp-live/messe/internorga-2020-at-home.html
Statt Messe: WP`s Internorga at home
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Systemgastronomie: Weg frei für Kurzarbeit
Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) und der Bundesverband der Systemgastronomie (BdS) haben sich auf eine Zusatzvereinbarung im gerade verhandelten Entgelttarifvertrag geeinigt. Diese tarifliche Vereinbarung ermöglicht rückwirkend ab 1. März 2020 die Einführung von Kurzarbeit in der Systemgastronomie und schafft somit rechtlich Zugangsmöglichkeiten zum Kurzarbeitergeld.
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BGN bietet zinslose Stundung von Beiträgen
Die Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastgewerbe (BGN) bietet eine zinslose Stundung von Beiträgen. Gestundet werden können Forderungen, die aus den Beitragsraten vom 15.03.2020 und 15.05.2020 entstehen. Die Stundungen können im Service-Center der BGN formlos beantragt werden, per Telefon 0621 4456 – 1581 oder per E-Mail: beitrag@bgn.de
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Bundesakademie Weinheim zu, aber online stark aktiv
Die Bundesakademie in Weinheim teilt mit: Zum Schutz von Seminargästen und Mitarbeitern stellt die Bundesakademie den Geschäftsbetrieb ab sofort und bis zum Samstag 18. April 2020 ein! In dieser Zeit finden keine Aus- und Weiterbildungen in Weinheim statt! Alle in den nächsten Tagen betroffenen Teilnehmer/innen wurden vom Weinheimer Team noch am Samstag telefonisch sowie per E-Mail von der Schließung informiert. Auch in den nächsten Tagen werden noch Informationen versandt. Als Alternative zu den ausfallenden Präsenz-Veranstaltungen organisiert das Team der Bundesakademie mit Hochdruck virtuelle Online-Weiterbildungen. So steht bereits ein kostengünstiger eLearning-Kurs unter www.brotwissen.online zur Verfügung. Die beliebte Quiz-App „Bäckerwissen“ (kostenfrei in jedem App-Store) vermittelt spielerisch Wissen. Auch ein Fernlehrgang für Verkaufsleiter/innen ist im Angebot. Die Einführung in den Kurs soll als Webinar durchgeführt werden. Derzeit wird zudem daran gearbeitet, die geplanten und ausgebuchten Social Media Schulungen sowie Führungskräfteseminare in virtuelle Klassenräume zu verlegen. Zudem sei ein kostenfreies Webinar in Vorbereitung: „Gerne möchten wir interessierten Unternehmer/innen per Webinar Impulse geben, welche Marktchancen in der Zeit nach Corona auf unser Handwerk warten könnten und wie man diese optimal nutzt“, so Bernd Kütscher, Direktor der Akademie. Die kostenfreien Webinare, die „auch Mut machen“ wollen, werden primär jenen angeboten, deren Seminare ausfallen. Weitere Kapazitäten sollen auf der Facebookseite der Bundesakademie unter facebook.com/backakademie bekannt gegeben werden.
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Bayerisches Bäckerhandwerk: Kein Schulbetrieb
Seit Montag, 16. März 2020, hat auch die Akademie für das bayerische Bäckerhandwerk geschlossen. Der Unterrichtsbetrieb wird ausgesetzt. Sämtliche Kurse wie die überbetriebliche Lehrlingsunterweisung oder der laufende Meisterkurs wurden abgesagt, bzw. unterbrochen. Gemeinsam mit dem Fachlehrerteam der Lochhamer Akademie arbeitet der Verband daran, das Kursprogramm für das restliche Jahr neu zu strukturieren und Ausfälle auszugleichen. Abhängig von der Entwicklung der Situation sollen alle Kurse, die nach dem 19.04.2020 beginnen, wie geplant stattfinden. Eine kurzfristige Reaktion sei bei positiver Entwicklung der Lage möglich.
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Museum Brot und Kunst bleibt zu
Das Museum Brot und Kunst bleibt wie alle Kultureinrichtungen der Stadt Ulm bis auf weiteres für den Publikumsverkehr geschlossen. Sämtliche Führungen und Veranstaltungen entfallen. Die Eröffnung der Sonderausstellung Sonja Alhäuser: Cupido – Zeichnungen, Skulpturen und Gebäck, die für den 25. März geplant war, wird verschoben.
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BGN: Keine Seminare, kein Zutritt
Die BGN hat ihren Seminarbetrieb bis auf weiteres eingestellt. Die Hauptverwaltung und die Niederlassungen sind für den Publikumsverkehr geschlossen. Alle Anliegen sollen zunächst schriftlich an die BGN gerichtet werden.